RADIOLOGY WORKFLOW SOLUTIONS  

Mit Teleradiologie Versorgung sichern

MEHR WEITSICHT, BITTE!

Dr. Dirk Scherer, Facharzt für Radiologie, Radiologie Iserlohn
Dr. Dirk Scherer, Facharzt für Radiologie, Radiologie Iserlohn
Schon heute sind die Lücken in der medizinischen Versorgung unübersehbar. Ohne eine weitere Dezentralisierung medizinischer Leistungen mittels moderner, IT-gestützter Konzepte werden angesichts des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels aus diesen Lücken unüberwindbare Schluchten. Damit es nicht so weit kommt, müssen medizinische Netzwerke und Vernetzungen viel stärker als bisher Fuß fassen, vor allem in der Radiologie.

Es gilt, intelligente teleradiologische Konzepte zu fordern und fördern. Aber auf welcher Basis? Was müssen radiologische Einrichtungen beachten, welche unterschiedlichen Herangehensweisen gibt es und mit welchen technischen Lösungen lassen sie sich umsetzen? Auf diese Fragen soll unser Schwerpunkt zur Teleradiologie qualifizierte Antworten geben.

Beginnen möchten wir mit grundlegenden Definitionen, den rechtlichen Rahmenbedingungen der Teleradiologie nach Strahlenschutzgesetz und den Aufgaben, die radiologische Einrichtungen erfüllen müssen. Hierzu befragten wir Dr. Dirk Scherer, Radiologe, zertifizierter Teleradiologe und Dozent im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Strahlenschutzkurse.

Dr. Scherer, wie definieren Sie Teleradiologie?

Dirk Scherer: Teleradiologie bedeutet grundsätzlich erst einmal, dass mehrere radiologische Einrichtungen an unterschiedlichen Standorten und über größere Entfernungen hinweg radiologische Bilddaten austauschen, um gemeinsam zu einem aussagekräftigen Befund zu gelangen. Eine besondere Form davon ist die Teleradiologie nach Strahlenschutzverordnung. Darunter fallen radiologische Untersuchungen, deren rechtfertigende Indikation von einer Radiologin oder einem Radiologen gestellt wird, die oder der sich nicht am Ort der Untersuchung befindet. Ein typischer Anwendungsfall ist die Notfalldiagnostik. Gerade kleinere Häuser in ländlichen Gebieten können heute nicht mehr 24 Stunden und sieben Tage die Woche einen Radiologen vor Ort beschäftigen. Das bedeutet, dass im Notfall niemand vor Ort ist, der zum Beispiel ein CT indizieren darf. Die dadurch entstehenden Versorgungslücken können mittels Teleradiologie nach Strahlenschutzverordnung geschlossen werden.

Aufgezeichnete Vorträge

mit Dr. Dirk Scherer, zertifizierter Teleradiologe

Teleradiologie – von der Idee zur Genehmigung

Teleradiologie – endlich genehmigt. Was nun?

Wie genau läuft eine teleradiologische Untersuchung nach Strahlenschutzgesetz ab?

Voraussetzung ist natürlich, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zertifiziert sind. Ist dies der Fall, läuft die Abstimmung zwischen den Ärztinnen und Ärzten meist telefonisch. Beispielsweise ruft die Neurologin aus einem Krankenhaus beim zertifizierten Teleradiologen an und berichtet über einen Patienten mit halbseitiger Lähmung. Um die entsprechende Schlaganfalldiagnostik mittels CT in dem Krankenhaus, in dem die Neurologin tätig ist, einzuleiten, muss der Radiologe am Telefon die rechtfertigende Indikation stellen. Ab diesem Moment übernimmt er auch die Verantwortung für die gesamte Untersuchung und die Weisungsbefugnis für die Personen vor Ort. Die Untersuchung selbst muss dann – auf Basis der Anweisung des Radiologen – durch eine MTR stattfinden, das ist eine gesetzliche Vorgabe. Außerdem verlangt der Gesetzgeber in vielen Genehmigungen, dass die MTR ständig vor Ort ist. Eine Rufbereitschaft ist dann nicht vorgesehen. Die Neurologin aus unserem Beispiel begleitet die Untersuchung und den Patienten vor Ort und spricht sich nach der Untersuchung mit dem Radiologen ab, der ihr den Befund mitteilt. Ein schriftlicher Befund kommt dann üblicherweise kurzfristig im Nachgang. In welcher Art und Weise dieser Austausch zwischen Neurologin und Radiologen dokumentiert werden muss, variiert zwischen den zertifizierenden ärztlichen Stellen.

Gutes Stichwort: Wie erfolgt eine Zertifizierung zur Teleradiologie und welche Voraussetzungen müssen Einrichtungen erfüllen?

Für das Genehmigungsverfahren sind die Regierungsbehörden zuständig. Das können Bezirksregierungen oder auch mal Ordnungsämter sein, je nach Bundesland und je nachdem, wer ohnehin Ansprechpartner für den radiologischen Strahlenschutz ist. Um eine Zertifizierung zu beantragen, müssen bestimmte Vorarbeiten geleistet werden: Die Ärztinnen und Ärzte müssen über die entsprechende Qualifikation zum Teleradiologen verfügen und es müssen die Voraussetzungen für den Bildversand erfüllt werden, zum Beispiel Vorgaben in Bezug auf Geschwindigkeit und Darstellungsqualität. Auf der Seite derer, welche die Teleradiologie in Anspruch nehmen, muss sichergestellt sein, dass immer eine MTR vor Ort ist. In Summe schreibt der Gesetzgeber eine Reihe von Voraussetzungen vor, die schlicht abgearbeitet werden müssen. Spezielle Software ist dafür in der Regel nicht notwendig.

Wurde die Zertifizierung einmal verliehen, so gilt die Genehmigung meistens unbefristet, auch, wenn der Gesetzestext theoretisch eine Befristung ermöglicht. Das bedeutet allerdings nicht, dass die teilnehmenden Einrichtungen keine weiteren Vorgaben erfüllen müssen. Mit der Zertifizierung gehen nämlich eine Reihe von Hausaufgaben einher, welche über die Zeit erledigt werden müssen. Dazu gehört zum Beispiel, dass Personalveränderungen gemeldet werden müssen, vor allem aber müssen technische Veränderungen regelmäßig mitgeteilt werden. Sobald ein neuer CT oder eine neue Datenleitung zum Versand eingerichtet wird, müssen die Behörden darüber informiert werden.

Welche unterstützende Rolle kann das RIS in der Teleradiologie spielen?

Das RIS ist in der Radiologie, neben dem PACS-System, die zentrale Software, die alle Funktionen von der Patientenverwaltung über die Befunderstellung bis zur Patientenakte in sich vereint. Da ist es naheliegend, dass auch die für die Teleradiologie wichtigen Funktionen dort verfügbar sind und so die Möglichkeit zum Austausch von Untersuchungs-, Befund- und Patientendaten über die eigene Institution hinaus besteht. Dann können alle Beteiligten schnell und einfach auf die Informationen zugreifen, was letztlich die Versorgung der Patienten beschleunigt und verbessert. Auch die Dokumentation der einzelnen Untersuchungsschritte, zum Beispiel das Stellen der rechtfertigenden Indikation, vereinfacht den Workflow und entlastet die beteiligten Einrichtungen.

Welche „Pitfalls“ gilt es in der Teleradiologie nach Strahlenverordnung zu vermeiden?

Mein Tipp ist immer, sich mit den ganzen Nebenbestimmungen, also dem Dokumentationsprozess nach der Zertifizierung intensiv auseinanderzusetzen und die Hausaufgaben an der Stelle gründlich zu machen. Es ist nicht damit getan, einmal die für die Genehmigung der Teleradiologie erforderlichen Schritte durchlaufen zu haben. Vielmehr muss man kontinuierlich am Ball bleiben, Personal ausbilden, Konstanzprüfungen durchführen etc. Ich empfehle meist, sich jemanden an die Seite zu holen, der sich mit diesen Dingen auskennt und auch die Zeit im täglichen Doing bekommt, um die Aufgaben zu erledigen, die mit der Teleradiologie verbunden sind. Andernfalls rutscht man schnell in einen rechtlichen Graubereich – und dann wird es riskant.

Lassen Sie uns abschließend noch einmal die Teleradiologie nach Strahlenschutzverordnung gegenüber der „allgemeinen“ Teleradiologie abgrenzen. Was sind die Unterschiede, für wen eignet sich was?

Wenn wir im alltäglichen Sprachgebrauch den Begriff Teleradiologie verwenden, meinen wir oft nicht die Teleradiologie nach Strahlenschutzverordnung, sondern den Austausch radiologischer Bilder innerhalb eines Netzwerks. Hierbei unterscheiden sich Funktion und Setting. Bei der Teleradiologie außerhalb der Verordnung geht es vorwiegend darum, Bilder zu Konsilzwecken zwischen radiologischen Einrichtungen zu verschicken. Das ist meist dann der Fall, wenn es um komplexe Diagnosen geht oder wenn bestimmte Spezialisierungen nicht im eigenen Haus vorhanden sind, etwa die einer Stroke Unit. Ein weiteres typisches Beispiel für diese Art der Teleradiologie ist die Patientenverlegung in ein anderes Krankenhaus, zum Beispiel in eines mit Neurochirurgie, bei der die Bilder möglichst schon vor dem Patienten beim weiterbehandelnden Arzt sein sollten. Der entscheidende Unterschied im Setting ist, dass dann eine Radiologin oder ein Radiologe vor Ort sind, die eine rechtfertigende Indikation stellen und zum Beispiel ein CT anordnen können. Es geht also rein um die Interpretation der Bilder, nicht um deren Erstellung.

Ein weiteres Beispiel für den reinen Versand der Bilder, das künftig noch weiter in den Fokus rücken wird, ist die Nutzung von Künstlicher Intelligenz in der Radiologie. Hier bietet die Teleradiologie die Möglichkeit, Bilddaten in eine Software außerhalb des eigenen Hauses zu schicken und die Auswertung auf dem gleichen Weg wieder zurückzuerhalten. Diese Art des Datenversands wird auch deswegen wichtig, weil künftig aus wirtschaftlichen Gründen sicherlich nicht alle KI-Anwendungen on premise in einem Haus vorhanden sein werden.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

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